Sehr geehrter Herr Bundespräsident. Da stehen sie nun. Auf einem Podest. Hinter einem Pult mit einem Mikrofon. Einen „Guten Morgen“ wünschend. Aufgeregt nach Atem ringend, um die lang angekündigte „Europa Rede“ zu halten. Eine Rede zu halten vor einem handverlesenem Publikum, das einen „repräsentativen Querschnitt“ der … ja was denn nun, der europäischen, oder doch lieber der deutschen Bevölkerung darstellen sollte? Die Dekoration des Saales war der Größe des Augenblicks ebenfalls angemessen. Ein Podest, ein Pult, geschmückt mit dem Bundesadler (in Gold), einer Flagge mit dem Bundesadler (schwarz auf gold) dahinter großformatige Kunst, irgendwie nebulös verwaschen, changierend von violett nach bleu, ockerbraun und wieder zurück. Nein, Europa war nicht Teil der Saaldekoration. Keine europäische Fahne keine europäischen Gäste. Das Thema war Europa … So kann man es auch machen und verstehen.
Ihre Rede, „Die Europa-Rede“ holpert, stolpert, windet und schlängelt sich pastoral vorgetragen vom einem Allgemeinplatz zum nächsten. Nichts sagend, dafür umso mehr redend über einen Kontinent, den sie offenbar nicht kennen oder kennenlernen wollen. Europa, was ist das? Ist das der EURO? Ist das die Europäische Union? Sind das die europäischen Staaten? Sind das die europäischen Regierungen? Sind es die europäischen Politiker und deren Parteien? Sind es am Ende sogar die Europäer selbst? Viel Text – keine Antwort. Viel europäischer Nebel von der Kanzel.
Das wars? Nein. Es gab auch Klarstellungen. Mehr Europa wagen heisst nicht mehr Deutschsein wagen. Die Deutsche Politik, die Deutsche Wirtschaft strebt keine Vormachtstellung in Europa an. IWO! Das ist ein Missverständnis. „Die Deutschen“ stehen hilfreich, beratend und ihre positiven Erfahrungen teilend allen europäischen Völkern solidarisch zur Seite. AchSO! Um, … um was genau … zu tun und zu lernen? Was genau, Herr Gauck? Was genau Herr Bundespräsident?
52 Minuten und 19 Sekunden – Gerede. Zum Schluss. Zum Schluss kommen die guten Ideen und Gründe für Europa dann doch. Sie bedanken sich dafür, das die Deutschen nach den bestialisch begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, während des Faschismus, wieder Teil der menschlichen Gemeinschaft werden durften. Danke, gern geschehen aber dumm gelaufen.
Das hätte eine europäische Rede werden können. Wurde es aber nicht. Es war pastoral vorgetragene Larmoyanz, mehr nicht. Der flammende Appell an die Engländer, Waliser, Schotten und die nordirischen Besatzer doch bitte Teil des … ja Teil des? Was genau Teil des … was denn nun, Herr Bundespräsident? Europa? Kurz, zugegeben nur kurz kam die Idee und die Vermutung auf, dass nun auch die Katalanen, Basken oder Korsen mit ihren berechtigten Unabhängigkeitsbestrebungen von den Nationalstaaten als Europäer begrüßt würden, kurz … nur ganz kurz. Viel Gerede. Zuviel Gerede. Pastorengewäsch – substanzlos seit Jahrhunderten, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Substanzlos und vernebelnd.
PS: Ein Vorschlag wie die symbolische europäische „Kuh“ ganz einfach vom Eis geschoben werden könnte kam ihnen nicht in den Sinn. Es gäbe eine, zugegeben nur eine Geste. Sehr geehrter Herr Bundespräsident Gauck, nehmen sie das Heft des Handelns in die Hand und starten eine Initiative für einen gemeinsamen europäischen Feiertag. Der Tag der Befreiung vom Faschismus. Der 8. Mai 1945 wird zum Symbol, wir wissen Symbole mögen sie, der europäischen Versöhnung, der Aussöhnung, des Vertrauens und der europäischen Einigung. Der erste gemeinsame europäisch inspirierte Feiertag. Anti-faschistisch, anti-rassistisch, anti-national, anti- … Das wäre eine Initiative die ihrem Amt alle „europäische“ Ehre verleihen würde. Na, wie wärs Herr Gauck, na, wie wärs Herr Bundespräsident der Herzen? Genug Arsch in der Hose? Ein beherzter Griff an die berühmten Eier und los gehts Herr … (ooops … zurückgetreten … Schade … sie haben so schöne Reden über die Freiheit gehalten … Herr Gauck).