Titelbild Solidaritaet

Solidarität. Solidarität ist kein deutsches Wort, Hilfsbereitschaft, Hilfsbereitschaft hingegen ist ein eben solches.

Ja, Hilfsbereitschaft ist ein deutsches Wort. Warum? Ganz einfach. Auf Hilfsbereitschaft hat man keinen Anspruch, Hilfsbereitschaft muss man sich verdienen. Hilfsbereitschaft ist an klare Bedingungen geknüpft.

Diese Bedingungen müssen erfüllt werden. Da gibt es kein Pardon. Die wichtigste Bedingung um in den Genuss der Hilfsbereitschaft zu kommen ist: Der/die Hilfsbedürftigen müssen unverschuldet in die bemitleidenswerte Situation geraten sein. Das heißt, sie wurden Opfer eines Erdbebens, Tsumamis, Tornados, Orkans oder einer der Jahrhundertfluten. Im letztgenannten Fall wird die Hilfsbereitschaft zu einer „nationalen“ Herausforderung, zur nationalen Aufgabe. Helden werden auf Deichen geboren. Da werden Blockupy Aktivisten als „Nichtsnutze“ von der CDU auf Zwitter beschimpft und sinnvolles Engagement an der Hochwasser-Front angemahnt… Ja, Helden werden auf Deichen geboren.

Gegen Hilfsbereitschaft ist nichts zu sagen, im Gegenteil. Wären da nicht die zu erfüllenden Bedingungen um den objektiven Opferstatus zu erlangen. Lädt man Schuld auf sich, wird also arbeitslos oder schlimmer noch ist Krisenopfer, Südeuropäer, Flüchtling oder politisch Verfolgter bzw. Asylsuchender, hat man – darin ist sich das Gros der Deutschen einig – die Bedingungen nicht oder nur teilweise erfüllt. In diesen Fällen muss ganz genau geprüft werden ob hier ein Anspruch auf Hilfe gewährt werden kann. Die Grundhaltung ist eher ablehnend bis widerwillig. Hilfsbereitschaft muss man sich eben verdienen.

Solidarität. Solidarität heißt nichts anderes als Verbundenheit. Verbunden sein mit den Menschen, mit den Mitmenschen. Solidarität fragt nicht nach Schuld, nicht nach Herkunft. Solidarität stellt keine Bedingungen. Eine einzige vielleicht doch, die nach Recht und Gerechtigkeit. „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.“ (Ché Guevara)

„Deutschland“ bzw. „Die Deutschen“ haben beides, Hilfsbereitschaft und Solidarität, erfahren und erlebt, zu einem Zeitpunkt als viele andere Handlungsweisen mehr als verständlich gewesen wären. Dennoch, die „Deutschen“ wurden nicht aus der Gemeinschaft der Menschen für alle Zeit vertrieben, nach dem sie den Planeten mit Terror, Krieg und einem unvergleichlichen Rassismus in Schutt und Asche gelegt hatten.

Nicht Rache und Vergeltung schlug ihnen entgegen, nein, sie erfuhren Hilfsbereitschaft und Solidarität.

Das war für sie schwer zu ertragen, viele, beileibe nicht alle, waren beschämt, zutiefst beschämt. Scham ist ein schwieriges Gefühl. Man wurde bei etwas Verbotenem ertappt und die zu erwartende Strafe fällt unerwartet niedrig aus. Das ist der heimliche Gründungsmythos der „Deutschen Demokratie“. Scham, unerträgliche Scham die schnellstmöglich verdrängt werden musste und wurde.

Nach fast siebzig Jahren ist das alles Vergessen, fast. Fast. Die Hilfsbereitschaft der Deutschen ist groß. Die daran geknüpften Bedingungen sind es auch. Ob nun Flutopfer oder „Pleite-Grieche“, an jede Hilfe sind klare Bedingungen geknüpft. Kein Selbstverschulden! Flutopfer und obendrein Landsleute, keine Frage, da ist der Status zu hundert Prozent erfüllt. Bei den „Pleite-Griechen“ nun ja…

Solidarität? Solidarität – Fehlanzeige. Solidarität ist ohnehin kein deutsches Wort.

Mit Flüchtlingen, Menschen die um politisches Asyl nachsuchen, weil sie in ihrer Heimat politisch verfolgt, mit Folter und dem Tod bedroht werden… Das ist ganz schwierig damit mag man hierzulande nichts zu tun haben. Wer flüchten muss, dazu noch aus politischen Gründen, der hat doch Dreck am Stecken, oder? Oder etwa nicht? Sie machen zu Hause Ärger, dann flüchten sie und liegen uns dann auf der Tasche – licht- und arbeitsscheu. Das ist ein Angriff auf die gesamtdeutsche Geldbörse und Seele.

Nachtrag: Das Asylrecht – eine „große menschliche Geste“ der deutschen Verfassung, also dem Grundgesetz, dem Recht auf Asyl wurde vor 20 Jahren, nach den Pogromen in Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda Gewalt angetan. Das Recht auf Asyl wurde verstümmelt von „Demokraten“ die hechelnd dem nationalen „Volkszorn“ im vorauseilenden Gehorsam hinterher liefen. Die Mauer im Innern war gefallen und nun wurde sie an den Grenzen der Republik, vor allem aber in den Köpfen und Seelen der Republik neu errichtet. Die neue Mauer nennt sich Sicherheit. Sicherheit vor den/dem Fremden.

Einige überwinden diese Mauer dennoch. Sie überwinden sie, die Mauer, nicht aus Sportsgeist oder als Mutprobe, nein, sie überwinden sie aus Not. Purer Not. Oder kann sich jemand im Ernst vorstellen, dass Verfolgte freiwillig zu den „Deutschen“ gehen. Zu den „Deutschen“ geht man, wenn überhaupt aus reiner Verzweiflung.

Diese Geflüchteten werden in diesem Land nicht empfangen, nein, sie werden wie Kriminelle behandelt, sie werden in Lager verfrachtet und zu „ihrem Schutz“ vor der feindseligen Bevölkerung versteckt. Wenn sie sich dagegen wehren, gegen diese Behandlung aufbegehren gerät die Politik in Erklärungsnot und die seit Jahren durch die Politik aufgeheizte „Volksseele“ in Wallung.

Menschen die aus der Not heraus ihre Familien, ihre Freunde, ihr Land verlassen haben, bedürfen des Schutzes und der Fürsorge. Es ist barbarisch sie Bedingungen zu unterwerfen die sie zum Äußersten zwingen. Wer in seiner Verzweiflung bereit ist lieber zu sterben als wieder zurück zu müssen – wohin auch immer – braucht unseren Beistand, ohne wenn und aber.

Das sind keine Erpresser, es sind Menschen in Not. Sie haben eine Würde und verdienen Respekt. Sie verdienen nicht dem rassistischen Geifer der Gaffer in München ausgesetzt zu sein, die die Betroffenen am liebsten tot gesehen hätten und von ARD und ZDF auch noch öffentlich rechtlich in die Wohnzimmer der Republik übertragen wurden.

PS: Es gibt Tage da halte ich euch Landsleute aus. Es gibt aber auch Tage da seid ihr mir derart unerträglich, dass ich mich nicht in der Lage sehe unter euch zu sein. Voller Abscheu und mit Tränen in den Augen bleibe ich dann lieber allein – unter Millionen von Deutschen.

PPS: Es bleibt nur zu hoffen, dass große Teile der Bevölkerung nie in die Lage kommen werden jemals um Asyl, Solidarität bzw. um Hilfe bei „Fremden“ bitten zu müssen.

http://rememberasylkompromiss.noblogs.org

 

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