Danke Donald
Lasst es mich mal so sagen: Spätestens, wenn alle Hauptverdächtigen des Turbokapitalismus im Chor jammern und die Entscheidung Trumps aus dem Klimaabkommen aussteigen zu wollen anprangern… spätestens dann könnte man – also unter Umständen – darauf kommen, dass es beim Abwenden des Klimawandels schon lange nicht mehr um eine „bessere Welt“ geht, sondern schlicht um Geld. Man könnte also ahnen, dass man gerade der nächsten Nebelkerze recht fasziniert hinterherschaut.
Keine Angst, ich werde gewiss nicht den Klimawandel leugnen. Das überlassen wir mal den Hohlbrennern von rechtsaußen. Und ebenso gewiss werde ich hier keine Lanze für 12-year-old Donald brechen, über dessen kreuzdämliches Herumgepupse man sich kaum noch seriös aufregen kann. Zumal ihm ja noch jede seiner „Entscheidungen“ spätestens am nächsten Tag um die Ohren geflogen ist. Lesen bildet – gerade Kleingedrucktes – Donald.
Dennoch, wenn multinationale Großunternehmer die Entscheidung Trumps anprangern, dann riecht’s komisch. Und wenn der Posterboy des Kapitalismus, eifrig bemüht viral den Anführer der Grand Nation zu geben, sich zu den Nörglern gesellt, dann nimmt der Geruch nicht ab. Und wer noch immer die Scheiße direkt vor der eigenen Nase nicht riechen kann, der möge „Emissionshandel“ googeln. Emissionshandel! Deutlicher muss niemand werden. Kurzum: Hier geht es nicht darum, wie wir unseren Kindern und Mick Jagger den Planeten hinterlassen. Hier geht’s um handfeste wirtschaftliche Interessen.
Wer glaubt, Emission sei unser Problem, dem sei Harald Welzers „Selbst denken“ ans Herz gelegt und dem sei hier – durchaus inspiriert durch diese Buch – das eine oder andere erklärt: Zuerst einmal ist das Klima nicht die launische Diva, als die es uns gerade verkauft wird. Man lässt nicht heute einen stinkenden Furz und morgen hagelt und schneit es. Die klimatischen Änderungen, die zu leugnen nur in böser Absicht geschehen kann, haben ihre Ursachen nicht in der Emission von gestern, sondern basieren auf den Emissionen seit dem Beginn der Industrialisierung. Wir können also – herzlich gerne – sofort den Individualverkehr und andere Stinker abstellen, und die Auswirkung auf das Klima von Morgen wäre Null. Die Ernte solcher Bemühungen fährt man bestenfalls in vielen Jahrzehnten ein. Was das lustige (langfristig eben doch launische) Klima bis dorthin an anderen Abweichungen so im Angebot hat, kann derweil niemand wissen oder vorhersagen.
Das viel größere Problem ist, dass die Konzentration auf unsere Emissionen herrlich dazu angetan ist, die tatsächlichen Krisen zu übertünchen. Wir werden nämlich – wenn wir so weiter machen, dabei aber weniger CO₂ ausstoßen – den Planeten viel schneller geplündert haben, als wir ihn je ersticken können. Wenn wir nicht sehr bald wesentlich langsamer machen, wenn wir stets mehr wollen, schneller sein wollen, Termine haben und jetzt unbedingt ein Kühlschrank mit Energieklasse AAA+ her muss, dann können wir das mit Elektroautos oder freischwebend machen, dann wird sich nichts ändern. Dann riecht’s vielleicht besser, aber es gibt nichts mehr zu ernten.
Wir ficken diesen Planeten per Extraktion, nicht per Emission. In der Welt des (wie es Harald Welzer nennt) „Immer und jetzt“, wird jeden Tag mehr und immer mehr Energie benötigt und folgerichtig auch geliefert – erbuddelt, erfrackt, bewindet und ersonnt, ganz gleich, solange es nur immer mehr ist. Und natürlich müssen hierfür Rohstoffe vernichtet werden. Ebenfalls immer schneller und immer mehr. Auch Windräder und Sonnenkollektoren wachsen nicht in Wäldern. Internationale Konzerne verdienen sich einen Wolf daran, dass sie vorgestern noch Dreckschleudern verkauft haben, kurz danach – natürlich staatlich gefördert – flächendeckend Katalysatoren in die Schleudern gebaut haben und morgen die nächste massenhafte Vernichtung von Ressourcen als Elektroauto rebranden werden. Schön, wenn die eigene Weste weiß ist, weil man ja mit Ökostrom fährt – alleine, im SUV. Der Earth Overshoot Day war 2016 am 8. August und wir sollen uns bitte brav vorm Klimawandel fürchten.
Die beiden größten Coups des Turbokapitalismus sind die Lösung der Geldmenge vom Goldbestand und die Grünen.