Ach, haltet mich für verzickt. Aber ich werde nunmal so unglaublich ungern verarscht. Ist so ’ne Marotte von mir, ‘ne schlechte Angewohnheit. Ich mag’s einfach nicht. Und man muss auch gar nicht in Verschwörungstheorien vertiefen oder solche erstricken, um sich verarscht zu fühlen. Einfach mal Hirn einschalten, kurz auf das schauen, was man angeboten bekommt und eins und eins zusammenzählen. Kein großes Ding.
Aber während ich das hier schreibe läuft gerade ein „Reportage“ auf RTL. Heißt sich „Felix Baumgartner – was wirklich geschah“ und ich muss den Titel in Anführungszeichen setzen, weil es nunmal ein Titel ist und das Wort Reportage, weil es lächerlich ist.
In den Teasern (das ist das reißerische Geschwätz bevor es „jetzt“ – also nach dem nächsten Werbeblock – weitergeht) heißt es, man bekäme zum ersten Mal die Bilder und Originaltöne, die dem Publikum bisher vorenthalten wurden. Okay. Ui. Das ja spannend. Aber warte, ich hab’s doch live gesehen. Es gab doch ganz offensichtlich eine Produktionsfirma hinter all dem. Und es gab ausschließlich offizielle Bilder dieser Produktionsfirma. Und jetzt plötzlich gibt es da unveröffentlichtes Material? Ist jemand mit ner Kamera hinterhergeflogen? Na, wir wollen nicht voreingenommen sein.
Zumindest nicht, bis ich die ersten Bilder dieser „Reportage“ sehe. Alles da: Helmkamera, Kapselkamera, diverse Handheld- Hubschrauber- und Steadycams, HD-Bilder, Close-ups, Totalen, alles beste Qualität, perfekt geschnitten, zu jeder Zeit, jedes Interview, jeder Schritt der Vorbereitung mit mindestens zwei Kameras gleichzeitig gefilmt. Was uns RTL also als Reportage verkaufen will, ist nichts anderes als der Director’s Cut der von Red Bull verpflichteten Produktionsfirma. Schlimmstenfalls hat unser Mainstream-Medium RTL dafür auch noch Geld bezahlt. Und man mag es legitim finden, wenn dieselbe Brause, die sich offenbar ein besseres Raumfahrtprogramm leisten kann als manche Nation, jedes Geld daraus schlägt, das sie bekommen kann. Dann möchte ich aber auch, dass das dransteht und es nicht so tut, als seien es die Abendnachrichten. Gut, über deren Informationsgehalt lässt sich ebenfalls vortrefflich streiten, aber dazu ein andermal mehr.
Und deshalb bin ich pissed, genervt, angefressen, schlecht gelaunt. Ich finde den Versuch mich so zu verarschen strafbar. Der Distributor weiß, was er da eingekauft hat und verkauft es mit falschem Etikett weiter. Wäre die schale Plörre ein Wein, wär’s Betrug. Leider isses aber Fernsehen und da scheint erlaubt was „gefällt“. Denn das ist ja das Totschlagargument, wenn man sich dagegen ausspricht vom TV verscheißert werden zu wollen: „Es kommt doch an. Die Leute mögen es.“ usw. usf. Nein liebe Redakteure und Programmplaner, so kommt Ihr mir nicht davon. Es ist nicht erlaubt die schäbige Brause als Champagner zu verkaufen, selbst wenn der Empfänger den Unterschied nicht schmeckt. Es ist die Verantwortung des Wissenden, kein falsches Etikett auf die Flasche zu kleben. Also lasst das. Nennt die von Red Bull offiziell freigegebene Zusammenfassung dieses überteurten Hüpfers „Die von Red Bull offiziell freigegebene Zusammenfassung des überteuerten Hüpfers“ oder meinetwegen „Werberwirksamer Wahnsinn, das Prequel“, aber nicht „Reportage“. Es war eine Dauerwerbesendung. Die sind in der Regel gut gemacht. War diese auch. Es war nur eben keine Reportage. Zwar war es „bisher unveröffentlichtes Material“, aber es ist eben jetzt genau von denen veröffentlicht worden, die es vorher für sich behielten. Wahnsinnig investigativ! Jeder wie er kann? Das genügt mir nicht, das gehört sich nicht, lasst das.