Links = kost nix
Wir wissen nicht seit wann, geschweige denn warum das so ist, aber offenbar gibt es innerhalb der Linken einen immensen Mangel an Achtung und Selbstachtung, wenn es um die Veräußerung von Produkten und Dienstleistungen geht. Nach der Revolution können wir gerne darüber reden. Aber solange Geld noch das anerkannte Tauschmittel ist, muss sich ganz dringend etwas ändern.
Wir folgen mit dem Whats-Next-Shop und SturKnopf.de vielen Ideen, die als links gelten und eigentlich die Normalität sein sollten. Nicht weil wir müssen, sondern weil es sich für uns von selbst versteht, wie wir tun, was wir tun. Wir machen also viel selbst und auf Zuruf. Wir lagern nicht, wir schauen, dass wir nichts um die halbe Welt kariolen, bemühen uns um Bestandteile von guter Qualität, die dabei möglichst fair und bio sind, und wir kalkulieren halbwegs realistisch. All das selbstbestimmt, in steter Absprache miteinander, mit vielen eigenen Motiven und Ideen. Hätten wir keinen Spaß daran, ließen wir es wohl bleiben.
Halbwegs realistisch
Wir schrieben „halbwegs“, denn im Grunde bekommen unsere Kund_innen die Grafikleistung, die Betreuung der Webseiten, das ganze buchhalterische Drumherum und natürlich auch die intern notwendigen Motiv-, Produkt- und Wegfindungen geschenkt. Klar, verkauften wir mehrere Tausend Shirts im Jahr, wären diese Leistungen irgendwann abgedeckt. Tun wir aber nicht – wissen auch nicht warum. „Halbwegs“ bedeutet aber auch, dass wir uns – wenigstens für den handwerklichen Teil – einen knapp-unter-Mindestlohn-Stundensatz einrechnen und dass wir selbstverständlich keinen kostenlosen Versand und Rückversand anbieten können – oder wollen.
billiger_de
Wir halten unsere Preise also für einigermaßen real. Und wenn wir dann ein wenig herumsurfen und schauen, was andere linke Projekte für ihre Shirts „verlangen“, dann wird uns schwindelig. Da finden wir verschiedene Seiten, mit hunderten von Motiven (selten eigene, aber sei’s wie), und z.B. Shirts für 13 oder Taschen für unter 6 Euro. Bedruckt. Inklusive Märchensteuer. Uff!
Ganz ehrlich Genoss_innen, das geht nicht. Diese Preise sind nur dann zu machen, wenn man sich selbst nichts bezahlt. Wir haben Shirts für 11, bedruckt für 16 Euro gesehen. Das sind fünf Euro für den Aufdruck, der ja mindestens Materialkosten verursacht. Für das Aufdrucken selbst kann hier niemand mehr etwas bekommen. Das geht so nicht und es ist auch nicht links, sich selbst auszubeuten, es ist – mit Verlaub – ziemlich blöde. Solidarisch ist es darüber hinaus auch nicht, denn es gibt Menschen, die tatsächlich versuchen, ihre Existenz auf ein solches Standbein zu stellen.
DIY
Das in einem Markt, in dem ohnehin schon – und von ganz unpolitischer Seite – mit unlauteren Mitteln kalkuliert wird. Es klingt wie ein Klischee, aber wer sich z.B. Seiten mit selbstgenähten Produkten anschaut, wird feststellen, dass hier Menschen Dinge verkaufen, die offenbar von ihren Parter_innen finanziert werden und gar kein Geld verdienen müssen. Wir verstehen nicht, warum man diese Fantasiepreise noch würde unterbieten wollen.
Warum?
Kurzum: Warum sollte es so sein, dass ausgerechnet linke Zusammenschlüsse so tun, als koste Arbeit kein Geld? Wir kämpfen allesamt dafür, dass Arbeit – so sie denn sein muss – den Unterhalt sichert, auf eine Weise, die auch für das Alter noch genügt. Dann kann es doch nicht gleichzeitig sein, dass wir uns Dienstleistungen und Produkte gegenseitig hinterherwerfen. Natürlich können wir über Robin-Hood-Konzepte nachdenken, also jenen, die sich nicht mehr leisten können, auch weniger „abzunehmen“. Aber gleich, ob es um Produkte oder Dienstleistungen geht, wir müssen doch aufhören uns selbst und uns gegenseitig zu verarschen.
Erwartungshaltung
Die beschriebene Katze beißt sich übrigens in einen ständig kürzer werdenden Schwanz, denn die unrealistischen Angebote führen zu weltfremden Erwartungen auf Kund_innenseite. Wir hatten unlängst für eine linken Veranstaltung Turnbeutel und T-Shirts zum Verkauf angefertigt. Wir wurden gefragt, ob man diese auf Spendenbasis erstehen könne. Nun war eine Spende an die Veranstalter_innen bereits im Preis inbegriffen, sodass wir die Frage nicht gleich verstanden. Gemeint war, ob man die Shirts und selbstgenähten Turnbeutel für eine Spende erwerben könne. Die Frage, was denn als angemessene Spende erschiene wurde in den schlimmsten Fällen mit 6,- und 2,– Euro beantwortet. In aller Freundschaft: GEHT’S GUT?
Respekt
Das hat niemand böse gemeint, es ist so in den Köpfen. Aber es ist respektlos, ja herabwürdigend, jenen gegenüber, die gestaltet, gedruckt, ja auch jenen gegenüber, die genäht haben – schon bei den eingekauften Shirts, von den selbstgenähten Turnbeuteln gar nicht zu sprechen. Das ist dabei das tatsächlich Enttäuschende: Wir wollen alle cool und fein miteinander sein und gleichzeitig wird als normal empfunden, dass Leistungen einfach nichts kosten. So wird das aber für uns nichts, mit dem Cool und Fein. Ja, wir machen das gerne, was wir da machen. Wir mögen unsere Motive, wir lieben die Zusammenarbeit mit dem SturKnopf, wir haben sogar schon erwogen, auch die T-Shirts selbst zu nähen. Aber wir sind nicht bereit uns dafür mit Euros abschmatzen zu lassen, die nicht einmal annähernd die Materialkosten decken. Dann hätt’st auch direkt: „Fickt Euch!“ zu uns sagen können, das wäre ehrlicher. Wie gesagt: so ist es von den Sender_innen nicht gemeint, aber verzeiht, dass wir das nur so empfangen können.
Links heißt nicht billig
Weder unser aller Arbeit noch unsere Produkte sind billig oder dürfen es sein. Eigentlich müsste sogar das Gegenteil der Fall sein, denn meist sind linke Zusammenhänge wesentlich vorsichtiger im Umgang mit Ressourcen und entschieden wacher beim Kauf der Hilfsmittel oder Rohstoffe. Aber da wollen wir gar nicht hin. Wir finden nur, dass die Veräußerung von Produkten und Dienstleistungen von Links mit entschieden mehr Selbstachtung einhergehen muss. Auch und gerade die linke Bubble muss lernen, dass das mit dem schönen Leben für alle und jede_n nur dann klappt, wenn wir unsere eigenen Leistungen nicht unter Wert verkaufen. Es ist falsch, ja selbstzerstörerisch.