We’re queer, not gay.
So nah am CSD und seinen Organisatoren/-innen wie in den letzten beiden Jahren war ich zuvor nicht. Es war ohnehin nie „Main/mein CSD“. Dennoch gab es immer eine Solidarität damit. Ich bin nunmal schwul und fand es – trotz des dämlichen Karnevals, der die Parade ist – immer wichtig, für Gleichberechtigung Aufmerksamkeit zu erregen. Dem CSD in diesem Jahr muss ich meine Solidarität allerdings entziehen und das ist einer Person geschuldet, die meine Aufmerksamkeit noch weniger verdient als eine Veranstaltung, die diesem Wicht eine Bühne bietet – erneut und wider besseres Wissen.
Als mein Freund mir in Facebook schrieb: Gucke mal was Bäppi gepostet hat, las ich also dies: „Und am Sonntag, wenn ich den CSD Moderiere singen wir alle…..Und so geh die Heten, die Heten gehen so..und so gehen die Schwulen, die Schwulen gehen so….. Flashmob gegen Spießer und Klugscheißer…. Sonntag 19.00 Konstabler Wache. Euer Bäppi“ und ich dacht‘ so: „Achje, der Populist in Pumps mal wieder“. Erst kurz danach traf’s mich wie ein Schlag: DER moderiert?! Das ist auf so viele Arten falsch, dass ich kaum weiß wo anzufangen, wo aufzuhören. Und „Euer Bäppi“ schon gleich gar nicht!
Ich meine, dass dieser Schwachkopf sich auf Gaucho-Gate hängt, ist nicht weiter überraschend. Das packt den Brandstifter im Brautkleid, den fehlgelenkten Volkstümler in Frauenkleidern, diese miese Merkel-Parodie bei seinem Nationalstolz. Da regt sich deutsche Presse über deutsche Jungs auf – klar isser da alarmiert. Jemand der über Roma schreibt, das seien Leute, „die hier nie eingezahlt haben aber alles bekommen können“, erträgt derlei nur schwer. Mir ist wurscht, ob er das erträgt. Mir ist auch Gaucho-Gate wurscht – ich finde die ganze Aufregung vollends übertrieben. Nicht wurscht ist mir, wenn ein so offensichtlich verblödeter Selbstdarsteller für seine offensichtlich verblödete Selbstdarstellung die CSD-Bühne nutzen darf.
Eine CSD-Bühne, die in diesem Jahr das Motto „Grenzen überwinden – Brücken schlagen“ trägt. Eine Grenzüberschreitung in Sachen guter Geschmack ist der Flashmob des Spießers sicherlich, aber wo ist der Teil mit der Brücke? Bäppis Dritte? Und – wrong in so many ways – wo las ich diesen Aufruf zum Dummsein eigentlich? Auf Theatrallaballaballala? In Thomas Bäppler Wolfs Facebook-Profil, auf das ich später noch komme? Unter „Vermischtes“ auf der Webseite des CSDs? Nö: Quasi kurz unter „Grenzen überwinden – Brücken schlagen“ in der Facebook-Präsenz des CSD Frankfurt! Im Namen des CSD Frankfurt!
Ich darf kurz erinnern, was Thomas Bäppi im Juni 2012 auf seinem öffentlich zugänglichen, aber eben nicht seinem Kunstfiguren-Profil, in die Facebook-Welt plärrte: „Zum Thema Blockupy oder wie immer die sich nennen…. alle einsammeln, Daten aufnehmen, Kosten der Aktion die uns Steuerzahler das kostet auf alle umlegen.“ So hält’s der Brückenschläger mit dem Grundgesetz Artikel 8. Und später, im selben Post, als Kommentar auf berechtigte Kritik heißt es dann: „Du aus dem Schwarwaldhinterland bist mal ganz still…..Wir besetzen beim CSD keine Läden, machen keine Sitzblöckade vor Douglas und bewerfen keine Wände mit Pinker Farbe.“ (Alle Zitate in diesem Beitrag sind kopiert und eingesetzt – ich lektoriere keinen Schwachsinn.)
Aha? Geschichtsstunde, Herr Wolf: „Der CSD erinnert an den ersten bekannt gewordenen Aufstand von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten gegen die Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street im Stadtviertel Greenwich Village: In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 fand in der Bar Stonewall Inn der sogenannte Stonewall-Aufstand statt. Zu dieser Zeit gab es immer wieder gewalttätige Razzien der Polizei in Kneipen mit homosexuellem Zielpublikum. Es kam in der Folge zu tagelangen Straßenschlachten zwischen Homosexuellen und der Polizei.“ (Quelle) Und CSD heißt das Kind auch nur in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Den anderen Prides ist vielleicht der direkte Bezug zu den Stonewall-Aufständen zu heiß. Aber stimmt schon: Mit dem Werfen von Farbe hat sich damals keiner aufgehalten – da gab’s zünftig auf die Fresse. Und hätte der feine Herr Wolf damals in der Christopher Street gelebt, wissen wir, wer die Ordnungsmacht einbestellt hätte.
Na? Spürst Du es auch? „Da muss es doch Scheiße regnen, wenn dieser im Namen des CSD postet“. So denkt man, oder? Ich denk‘ so. Aber es regnet nix. Der Post steht da, auf der Facebook-Seite des CSD, mit ca. 170 Likes und derzeit 14 Mal geteilt. Es gibt Kommentare wie „Richtig so, Bäppi“ oder „Sehr schön. ….darüber solte sich Deutschland aufregen bin dabei“ oder auch „geile sache !“ und „Joop das machen wir…“. Ja, dem und der ein oder anderen fällt sogar dort etwas auf, sodass in den Kommentaren auch gefragt wird, was das wohl mit dem Motto oder schwulem/lesbischem Leben überhaupt zu tun habe. Aber die große Aufregung, der Shitstorm oder eine offizielle Stellungnahme der anderen Verantwortlichen sucht man vergebens. Homophobie is Bäh, aber Rassismus ist hin und wieder schon okay. Bei der FIFA isses umgekehrt, so kommt ja dann jeder zu seinem Recht, ne?
Die SPD in Frankfurt kam Anfang diesen Jahres in (haha) Schwulitäten, wegen der rassistischen Äußerungen des Herrn Wolf. Die SPD! Sonst für jeden Scheiß zu haben (Ist Sarrazin eigentlich noch drin?), stolperte darüber, wer da in ihren Reihen tobt und rülpst. Man hat sich letztlich darauf verständigt, es als künstlerische Freiheit/Überhöhung zu akzeptieren. Diese machtgeilen Schwachköpfe mögen das durchgehen lassen. In der Politik geht ja so manches – eine LSU zum Beispiel. Aber mir kommt man so nicht davon. Hier ist meine unüberwindbare Grenze. Warum das nicht für die Organisatoren/-innen des CSD gilt, ist mir unbegreiflich.
Kurzum: Wenn so jemand Teil der CSD-Organisation ist und im Namen des CSDs sprechen und schreiben und poltern darf, dann feiert Euren Scheiß ohne mich. Dann kann ich nicht mit und dann schlage ich auch die Einladung Backstage aus, die mir als Künstler zuteil wurde. Sicher nehme ich meinen Gig bei der Abschlussparty wahr, das ist eine Frage von Professionalität, nicht von Solidarität. Vergesst geschlagene Brücken und überwundene Grenzen. Nennt es Ficken-mit-Freunden-vom-Land und die Parade einen Umzug, denn so wird sie wahrgenommen. Und Ihr Übrigen, denen Euch so wie mir/uns Bröckchen beim Lachen hochkommen, meldet Euch unter info@whats-next.eu und lasst uns über Alternativen nachdenken. Mit den Kleingärtnern auf der Konstablerwache bin ich fertig.
…über den Regenbogen hinaus.
Ein Gedanke zu “Brücken in die Fresse schlagen”
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