Nicht ob, nur wie…

Klar ist: der Wandel kommt. Ob Du rechts, links, schwarz, weiß, grün, blau, doof oder nicht bist, es ist unvermeidlich. Aber noch – und das Zeitfenster schließt sich – können wir entscheiden, ob wir das jetzt entschlossen und friedlich lösen, oder ob es in der Barbarei endet.

Wir können wählen, einfach so weiter zu machen und zu hoffen, dass wir es nicht mehr erleben müssen, wenn die hässlichsten Bürger- und Weltkriegsszenarien tatsächlich werden. Oder wir stoppen den Irrsinn jetzt. Genau jetzt. Denn eins muss doch klar sein, die Kipppunkte des Klimas werden auch weltweit gesellschaftliche Kipppunkte. Wenn wir die Ressourcen weiterhin so schonungslos vernichten, dabei zuschauen, wie Arten aussterben, die nunmal auch für unser Überleben unabdingbar sind, dann muss es zu gnadenlosen Verteilungskämpfen kommen. Und das wird es – auf den letzten Metern und ohne die geringste Aussicht auf Erfolg für irgendwen. Unsere Spezies wird mit draufgehen, da gibt es für mich keinen Zweifel. Vorher wird’s hässlich, danach hat der Planet endlich wieder seine Ruhe. Wir müssen nicht den Planeten retten, nur uns selbst, falls da Interesse besteht.

Am Interesse darf man ja aufrichtig zweifeln. Die Greise, die regieren sind bis dahin raus aus der Nummer. Wir – WhatsNext – könnten auch Glück haben. Wer sich allerdings in diesem Jahrtausend noch fortgepflanzt hat, wird das den Kindern erklären müssen. „Wir dachten halt damals, Arbeitsplätze seien das Wichtigste“ oder so.

Neben mangelndem Interesse ist leider auch das Spektrum an Lösungsversuchen furchtbar rückwärtsgewandt. Wir sind mit den Mitteln am Ende – also mit denen, die der Kapitalismus bei solchen Krisen anzubieten hat. Da er die Krise verursacht und ist, ist das auch nicht weiter verwunderlich. Innerhalb dieser Struktur verhandeln dann sogar die Medien den Klimawandel und das Artensterben als verschiedene Probleme.

Worüber man sich wundern könnte – nähme man nicht ohnehin an, dass nicht Regierungen diese Welt leiten – ist die Apathie, die Gleichgültigkeit der politisch Verantwortlichen. Politik ist, was jetzt gemacht werden müsste und was die Regierenden der Straße überlassen, natürlich mit gerümpfter Nase und gehobener Augenbraue. Und, wie Christian Lindner, noch mit dem Nimbus derer, die es ja besser wissen. Oh, wie ich gerade auf die Schimpfwort-Bremse treten muss.

Politik, das wäre mal was. Entscheidungen, die jetzt für den Fortbestand der Spezies Mensch getroffen werden müssen, bleiben aus, es scheint wichtigeres zu geben. Das ist doch nicht Politik, das ist – haha – hodenloses Rumgeeire. Es ist unseren Vorturnen unmöglich, sich aus der Logik des Kapitalismus und aus den Einflüssen der Nutznießer zu befreien und endlich Politik zu machen. Und um bei den Diskussionen der letzten Tage zu bleiben, da reden wir unbedingt und in großem Maß von Enteignungen. Im Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes heißt es unmissverständlich: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ So unverantwortlich wie seit Jahrzehnten mit Eigentum umgegangen wird, ist Enteignung die Antwort, die juristisch angemessene Strafe, hielte man sich an unser Grundgesetz. Aber ach, unser Grundgesetz, weidwund geschossen liegt es in der hinteren Ecke idealistischer Bibliotheken und heult.

Politik, das wäre die Abkehr vom Individualverkehr, das wäre kostenfreier öffentlicher Nahverkehr. Politik wäre die Rückkehr zu regionaler, nachhaltiger Landwirtschaft, weg von Monokulturen. Politik wäre, darauf zu scheißen, ob und welche großen Unternehmen abwandern, und nicht darauf zu warten, welcher „nächste“ denselben Mist neu verursacht. Klimakiller, verpisst Euch! Politik wäre, die Zukunft zu steuern, mit Gesetzen, mit der Umschichtung von Subventionen, mit klaren Absagen an Großindustrielle, die längst bewiesen haben, dass ihnen alles egal ist, solange nur die Kasse stimmt. Politik hieße, den Abbau von Arbeitsplätzen zu ertragen und den entsprechenden Strukturwandel zu lenken. Die dann Erwerbslosen aufzufangen, statt Banken zu retten, die die Gesellschaft nur immer wieder neu bescheißen, siehe #grandthefteurope. Und Politik wäre, die Meinung endlich wieder in eine offene, antirassistische Gesellschaft zu lenken. Wenn Politik will, kann sie das und nur dann verdiente sie auch den Namen. Was sich heute Politik nennt, ist tatsächlich nur Marketing. Stets ein Ohr in irgendeiner Meinungsumfrage, die Gestaltungshoheit ein paar Schreihälsen überlassend.

Ja, Politik muss die Sorgen der Bürger*innen ernst nehmen. Aber die berechtigten, wie den Klimawandel, nicht die irrationalen, wie Angst vor Terroristen. Bei denen gilt es gegenzusteuern – übrigens auch eine Form des Ernstnehmens. Jede weitere Minute des Geschwätzes von Arbeitsplätzen und Standortvorteilen ist eine weitere Minute für die Klimakatastrophe, eine weitere Minute auf dem Weg in die Barbarei.

#Fridaysforfuture, #extinctionrebellion, #endegelände, #hambibleibt, #seawatch/#seebrücke u.v.a. sind zur Zeit die politischen Kräfte, deren Sorgen wir ernst nehmen müssen. Es sind unsere Sorgen und all diesen Aktivist*innen gehören Orden für ihren Einsatz verliehen. Stattdessen verbündet sich Politik mit den Verbrechern. Schont und subventioniert den systematischen Steuerbetrug, die Ausbeutung unserer Ressourcen und die Umverteilung von Wohlstand. Schluss damit.

Lasst uns das jetzt und friedlich regeln. Uns passiert nichts, wenn der Supermarkt nicht zugepflastert ist mit 370 Sorten Müsli und 8902438570 verschiedenen Schokoriegeln. Es ist jeweils nur das. Die ganze Auswahl ist ohnehin Betrug. Betrug, der Ressourcen verschlingt und Müll verursacht. Es macht nichts, wenn wir keine 500 TV-Sender mehr haben, auf denen eh meist ablenkender Blödsinn läuft – 50 genügen z.B. völlig. Dann gibt es halt nicht jedes Jahr das neueste Smartphone und nicht jeden Tag Sonntagsbraten. Es ist nicht schlimm, wenn nicht jeder jederzeit irgendwohin fliegen kann. Niemand benötigt einen SUV in der Stadt. Und auch das Elektro-Auto (der nächste große Marketing-Gag der Automobilindustrie) wird unsere Probleme nicht lösen. Auch dieses vernichtet Ressourcen; und Energie, die anderswo erzeugt wird als im Auto, wird eben auch irgendwo erzeugt.

Unser Verbrauch muss sinken, wir müssen unsere Ressourcen wieder besser teilen. Dazu braucht’s übrigens keine sharing-economy, Nachbarn genügen, wenn man denn wieder miteinander redete. Wir müssen einfach ein paar Schritte zurück und langsamer machen. Jetzt!

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