Ich setze Silvester mal aus
Wisst Ihr, ich bin ein Fan von Feuerwerk. Ich mag’s einfach und ich hab in den letzten Jahren an Silvester immer mehrere hundert Euro dafür ausgegeben. Die halbe Straße verlässt sich mittlerweile darauf, dass ich für hübsches Licht sorge (das Gerummse ist so gar nicht meins). Aber in diesem Jahr werde ich die Nachbar*innen wohl enttäuschen.
Dazu brauche ich übrigens gar kein Verbot. Und geil finde ich meine Entscheidung auch nicht. Ich finde sie nur richtig. Dasselbe gilt leider nicht für die Debatte darüber. Ich halte ein gerüttelt Maß an Hedonismus für eine gute Sache. Veränderungen, die moralinsauer und bierernst daherkommen, gehören mir nicht. Da bin ich bei Emma Goldman, die schrieb: „If I can’t dance, I don’t want to be part of your revolution. A revolution without dancing is not a revolution worth having. If there won’t be dancing at the revolution, I’m not coming.“ Ich tanze gerne und ich mag Feuerwerk. Verbieten lasse ich mir beides nicht.
Du Bösewicht
Die ganze Debatte um den Feinstaub, der in der Silvesternacht erzeugt wird, geht mir auf den Senkel. Natürlich ist jede*r von uns mitverantwortlich für die Umweltzerstörung. Und jede*r von uns kann seinen Teil dazu beitragen, dass dieser Einhalt geboten wird. Die Verantwortung aber auf ein paar Grillende, Raucher*innen und auf Menschen zu verschieben, die Feuerwerk mögen, ist mir unsinnig. Die großen Emissionen entstehen im Großen, nicht im Kleinen. Nicht Deine Dämmung ist maßgeblich verantwortlich für den CO2-Ausstoß, sondern z.B. Kohlekraftwerke und der obszöne Energieverbrauch der Großindustrie. Es ist Zeit, dass wir uns vom Konsum – wie wir ihn kennen – verabschieden, nicht vom Spaß. Dass diese Katze ihren Schwanz mindestens mal leckt, ist mir schon auch klar. Trotzdem ist es ein politischer Trick, die Verantwortung nach unten durchzureichen, während man oben einfach wie gewohnt weiter wirtschaftet. Die Marketing-Offensiven unserer politisch Verantwortlichen richten sich stets nach unten und stets in Richtungen, in denen man sich die Finger nicht so richtig verbrennen kann. Die Debatte ums Tempolimit zeigt das eindringlich. Wir fallen da nicht drauf rein.
Für die Haustiere lasse ich es übrigens auch nicht. Ich bin davon überzeugt, dass die eine Nacht im Jahr auszuhalten ist und obendrein jammern an dieser Stelle meist jene am lautesten, die ihre „pets“ zu Schoßtierchen verzogen haben und vollkommen unnatürlich halten. Kommt klar.
Warum also?
Ich mach’s einfach für mich selbst. Auch ein gerüttelt Maß an Egoismus halte ich für gesund und der greift hier. Ich bin jemand, der sich gerne im Spiegel angucken möchte. Ich kenne meine / wir kennen unsere Brüche, was den Konsum und die Teilhabe am Kapitalismus angeht. Und ich – ganz für mich, allein für mein Seelenheil – möchte nun noch weniger Wein trinken beim Predigen von Wasser. Wo wir können, haben wir – besonders in 2019 – an unseren eigenen Stellschräubchen gedreht. Wir kaufen nur, was kaputt ist, verwenden keine Mülltüten mehr, unsere Spültücher sind alte Handtücher usw. usf. Ein Auto habe ich seit Jahrzehnten nicht. All das sind keine Heldentaten und ich werde mich/uns dafür nicht beweihräuchern. Es sind Stellschrauben und es ist ein Beitrag; und ich habe – ganz für mich – beschlossen, diesen Beitrag um mein diesjähriges Feuerwerk zu erweitern. Das ist schade, weil ich Feuerwerk mag, aber es ist richtig, weil ich mit meinen Brüchen umgehen will und ich hier einen aus der Gleichung nehme. Simple as that.
Knall und Krawall
Und versteht mich mal nicht falsch: Sollten wir dieses schwachsinnige System eines Tages und zu meinen Lebzeiten überwunden haben, dann werde ich ein solches Feuerwerk abbrennen, dass der komplette Stadtteil etwas davon hat.
A revolution without dancing is not a revolution worth having. Guten Rutsch.