Ein lilafarbener Hintergrund, darauf mehrere Instanzen des Alphabets in einem helleren Lila. Dann in Gelb der Titel des Blog-Beitrags "LGBTQRSTUVWXYZ"

Welche Community denn?

Hach was ist das schön. Überall auf der ganzen weiten Welt, malen sich mehr und mehr international tätige Unternehmen die Regenbogenflagge irgendwohin, schreiben entsprechende Sätzchen in ihre Codes of Conduct und kümmern sich um die LGBTQI…-Community inner- und außerhalb der Unternehmen. Träumchen. Aber was soll das eigentlich sein, diese Community?

Community

Der Duden schreibt als Begriffserklärung: „Gemeinschaft, Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, gemeinsame Interessen pflegen, sich gemeinsamen Wertvorstellungen verpflichtet fühlen“, und speziell für die „LGBTQ+-Com­mu­ni­ty“, „als Gemeinschaft verstandene Gruppe aller Personen, deren Geschlechtsidentität und sexuelles Empfinden keinem ausschließlich heteronormativen Mann-Frau-Konzept entsprechen“. Wobei es „als Gemeinschaft verstandene Gruppe“ ziemlich genau trifft. Eine Gemeinschaft scheinen nämlich genau die zu erkennen, die nicht Teil dieser „Community“ sind.

ABCDEFGHIJ

Mir persönlich scheint es schon keine gute Idee, einer Gemeinschaft immer weitere Buchstäbelchen und damit einhergehende Fähnchen anzukleben, die diese Gemeinschaft in immer weitere Unter-Gemeinschaften aufteilt. Gemeinschaften haben gerne einen gemeinsamen Überbegriff und sind dann die soundsos, aber doch selten die sos, sos, soauchs, und noch ganzandersos. Wer darf sich denn also alles als Teil dieser Gemeinschaft fühlen? Und wer fehlt da noch, oder müsste noch dazu? Und was haben Teile dieser Gemeinschaft eigentlich gemein? Was sind die gemeinsamen Forderungen dieser Gemeinschaft und wer formuliert sie? Macht L das, oder B, oder I, oder T, oder doch G?

Klingt gemein

Und was haben diese Menschen eigentlich gemein? Was ist meine (homoflexibler Cis-Typ) Gemeinsamkeit mit einer lesbischen Frau, oder einem Transmann? Letzterer hat sich vielleicht dazu entschieden, sich dem Patriarchat wieder anzuschließen. Vielleicht steht der sogar auf dicke Karren und rumprollen in Clubs, was weiß ich denn schon? Ich weiß ja kaum, was ich mit vielen anderen homosexuellen Männern gemein haben soll. Also mit jemandem wie dem feinen Herrn Krise kann ich mir zum Beispiel gut vorstellen, Teil einer Community zu sein. Aber da gibt’s ja auch Vögel wie Thomas Bäppler Wolf (googelt den nicht), die nicht nur Teil dieser Community sind, sondern sich sogar noch für Sprecher, Promis oder sonst wie auserwählt halten. Ja um Himmels Willen. Mit Rassisten minderbemittelten Humors und deren Claqueuren bilde ich eine Community? Gewiss nicht!

Rein? Raus?

Und abseits meiner persönlichen Befindlichkeiten: Wer denn nun und warum? Nazilampe hat sich z.B. kürzlich als ausdrücklich nicht-queer positioniert. Okay, lesbisch ist sie aber schon. Macht sie das zu einem Teil?

Es gibt homosexuelle Gruppen in allen etablierten Parteien, die blaubraunen Antidemokraten eingeschlossen. Community? Bitte nicht. Also mit den letztgenannten eh nicht, aber auch beim Rest… geh‘ mir weg damit! Scheinbar nimmt eine Reihe von Menschen an, sexuelle Verwirrung (vom Heteronormativ aus gesehen) mache jemanden zu einer besseren Person. Da kann ich Euch vollumfänglich beruhigen. Die meisten Schwulen, die ich kenne, sind auch nur entsetzliche Spießer, die sich halt gerne ficken lassen. Revolte ist da nicht drin, Community auch nur an Feiertagen. Es sei denn natürlich, ein Dark-Room-Besuch gilt irgendwie als Community-Event, oder Autobahn-Raststätten als Gemeinderäume.

Kann eine Trans excluding radical Feminist (beim Terminus allein könnt ich kotzen) Teil einer Community sein, in der Transpersonen explizit inkludiert sind, oder nur wenn sie lesbisch ist? Ab welchem Grad der Bisexualität gilt man denn als „Bi“, und wer überprüft das? Gibt es da einen Kipppunkt? Und was macht der zusammenfassende Begriff „Queer“ eigentlich zusätzlich in all dem? Gibt’s Bonuspunkte ins Community-Heftchen, wenn man schwul und queer ist?

Die Forderungen

Es bleibt also schwierig bis verwirrend, diese Community einzuordnen. Vor allem dann, wenn man keine heteronormativen Anschauungen verwenden und sie einfach als „nich ganz normal halt“ bezeichnen will. Und da sind wir dann beim Hauptproblem: Aus einer derart heterogenen „Gruppierung“ kommen keine gescheiten Forderungen. Das meiste reduziert sich darauf, bitte unbedingt anerkannter Teil dieser Gesellschaft sein zu wollen, bitte, bitte. So mit heiraten, Reihenhäuschen, Kind, Kegel, SUV etc. All das bitte bitte haben, und dann auch nicht mehr doof angeguckt werden. Geht das klar, liebe cis-Heteros? Dürfen wir? Geht auch erst mal in Häppchen, wir wollen’s nicht gleich übertreiben.

BAH! Da mag ich es ja einfacher: Akzeptiert mich gefälligst, wie ich bin und bleibt mir weg, mit Euren christlich verbrämten, patriarchalen Konzepten, wie dieser verlogenen Ehe. Steckt Euch Eure ganze „normale“ Welt sonstwohin, solange Ihr sie noch nicht völlig zerstört habt – die Abrissarbeiten laufen ja auf Hochtouren. Es gäbe eine Reihe guter Forderungen für eine gute Community. Das Gelaber auf den CSDs, diesen Wechsel-Feiertagen mit eingebundener Bums-Möglichkeit, ist stattdessen nur Bettelei. Und mehr noch ein sich-gemein-machen mit den heteronormativen Bedürfnissen nach ein bisschen „la cage aux folles“, so viel Spaß darf sein, und dann wird ins heimische Bett gekrochen, in dessen Unterkasten ganz cis-heteronormativ-konform die neunschwänzige Lederpeitsche liegt, neben dem Frottee-Spannbettlaken für den Herbst.

Die Realität

Es gibt sie nicht, diese Community. Unter dem Regenbogenfähnchen gibt es keinen Zusammenhalt, keine Einigkeit, nicht einmal einen vernünftigen Umgang miteinander. Im Gegenteil: Wer einmal eine grundlegende Mobbing-Erfahrung machen möchte, der/dem empfehle ich, sich bei einem Gay-Dating-Portal anzumelden. Für den vollen Effekt gerne mit einem Profil eines über-40-Jährigen und übergewichtigen Menschen. Dieses Maß an shaming, blaming, mobbing dürfte Euch bisher unbekannt sein. Zu alt, zu fett, Brille, zu rasiert, zu unrasiert, zu klein, groß, breit, schmal, Nase krumm, Pimmel zu lang, zu kurz, zu behaart, zu enthaart… Ich belasse es dabei, ich habe morgen was vor.

Die Frage

Ich denke, die Illusion einer Community ist ausreichend zerstört. Aber das hilft ja nun auch nicht. Die Frage ist also: was kann stattdessen sein, stehen, fordern? Ist es erforderlich, eine Auswahl abweichender Sexualitäten in einer Gruppierung zusammenzufassen? Zumal in einer, die es gar nicht gibt? Mir scheint doch sinnvoller, mehr Einigkeit zu finden und aus dieser klarere Positionen zu formulieren. Ist nicht „Queer“ ein guter, ausreichend vom Heteronormativ abweichender, Begriff dafür? Dass sich Nazilampe explizit davon distanziert macht ihn doch recht sympathisch.

Wer also könnten wir sein? Was ist „Wir“, wenn es um abweichende Sexualität und Gender geht? Wieviel und/oder wie wenig „Wir“ braucht dieses „Wir“? Und was ist mit jenen, die dort dann nicht mehr hineinpassen? Muss dieses „Wir“ einen Namen haben? Einen weiteren Buchstaben in der Community braucht „Wir“ ganz gewiss nicht.

Ich stelle das alles mal so hin und lasse die Kommentarfunktion ausnahmsweise offen. Vielleicht fällt „uns“ ja etwas dazu ein. (Natürlich moderiere ich die Kommentare, und wenn Du nicht weißt, was sich beim Kommentieren gehört, erkläre ich es Dir jetzt nicht).

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