Alternativloser Automobilclub
Mal ehrlich: dieser sogenannte Skandal um den ADAC entlockt mir ein Schulterzucken sowie ein fragendes „Und?“. Zuerst fehlt mir – wieder einmal – die Überraschung, die allenthalben herrscht. Dieselbe überflüssige Aufregung wie bei Lebensmittelskandalen. Huch, ein Unternehmen versucht seine Gewinne zu maximieren und in ihm finden sich korrupte Mitarbeiter in hohen Positionen – wie ist das möglich? Zweitens suche ich nach den Optionen, zucke also mit den Schultern und frage: „Und? Was soll nun geschehen?“
Da ist sie also wieder einmal, die große Skandal-Oper: Im ersten Akt sickert irgendwas durch oder jemandem fällt was auf. Im zweiten Akt stürzen sich die Massenmedien drauf, weitere Fehler werden eingeräumt und dann wieder veröffentlicht – Bestürzung, Abscheu, Fragen überall, Antworten eher wenige, Alternativen Fehlanzeige. Dieser zweite Akt ist meist der längste und langweiligste. In Akt drei werden wahlweise ein paar der Überbringer der schlechten Nachrichten und/oder einige Bauern geköpft, zweitere gerne bei anschließender Zahlung hoher Abfindungen. Ein kurzer Akt, dann der Epilog: Weiter so. Hat man eine gesehen, kennt man sie alle.
Hauptdarsteller der jüngsten Ausgabe des langweiligen Stücks ist der ADAC. Die Clubber nämlich haben bei Mitgliederumfragen beschissen, fliegen in ihren eigenen Hubschraubern (Wer würde nicht mit eigenen Hubschraubären fliegen, wenn sie ohnehin im Garten stehen und gerade nicht gebraucht werden?) durch die Gegend und – uiuiui – sollen sich bessere Testergebnisse haben bezahlen lassen. Sogar bei der Zusammenfassung schlafen mir die Füße ein. Das wäre ja, als fiele ein Gutachten für jene milder aus, die es bezahlen. Es wäre, als könne man redaktionelle Beiträge kaufen oder als würden Anzeigenkunden auch redaktionell besser versorgt. Regelrecht korrupt wäre das. Undenkbar. Hat Geldkoffer-Schäuble sich schon mahnend zu den Vorwürfen geäußert? Moralische Instanzen müssen her, wenn sich einst herausstellt, dass Gewinnmaximierung und Korruption beste Freundinnen sind. Wie gesagt: Huch!
Es ist erstaunlich, dass man ausgerechnet die Damen und Herren in den Medien darauf aufmerksam machen muss, dass redaktionelle Erwähnung und der bewiesene Wille Anzeigen zu schalten Hand in Hand gehen. Es ist gängige Praxis und nicht nur in den Gratisblättchen, deren Titel und Seite drei man ganz offenkundig kaufen kann. Wer Anzeigen schaltet, schneidet besser bei den Ausgehtipps ab, bekommt mehr redaktionellen Raum und wird auch sonst umgarnt. Wer Inhalte verkauft, arbeitet mit dem Hauptaugenmerk auf dem eigenen Gewinn. Ob das Ergebnis ein Kinofilm, eine Sendung, ein Print-Magazin oder ein Vereins- oder Clubblättchen ist, spielt keine Rolle.
Die fehlende Überraschung ist also leicht erklärt. Von dieser abgesehen, wüsste ich nicht, wohin die Empörung führen soll. Massenhafte Austritte aus dem Verein halte ich für unwahrscheinlich. Sie wären die logische Konsequenz, aber was machst denn, wenn Dein Kühlergrill mitten auf der Autobahn seine eigene Bezeichnung missversteht? Auf dem Standstreifen campen? Das sonst im Zusammenhang mit Casino-Kapitalismus genutzte Adjektiv „alternativlos“ ist hier tatsächlich mal angebracht. Es gibt keinen Service für Autopannen, der so umfassend ist wie der des ADAC. Wir haben ihn groß gemacht und nun benehmen sich die Großkopferten auch so. Und schlägt man deren Köpfe ab, kommen nur neue. (Ohje, die Skandal-Oper in zwei Jahren von vorne!) Austritte oder die Abkehr vom Individualverkehr – das wären mal Überraschungen. Da jubelte ich und spränge vor Freude im Carré. Und wenn wir dabei sind, schaffen wir doch auch GEZ, IHK, GEMA, Künstlersozialkasse und den ganzen anderen, alternativlosen Quatsch mit ab. Betrügerisch und korrupt geht es da auch zu, da müssen wir uns nichts vormachen. Nur Hubschrauber haben sie keine.