Don’t call it management
When in trouble or in doubt, run in circles scream and shout. Den ganzen Tag schreiend herumlaufen möchte man. Krisenmanagement soll das sein? Es ist zum Durchdrehen. Wie so’n HB-Männchen (die Älteren unter Ihnen…) möchten wir durch die Decke gehen. Rin in die Maßnahmen, raus aus die Maßnahmen, rin in die Masken, raus aus die Masken. BERUHISCHT EUSCH!
Wisst Ihr noch, als Corona von Asien nach Europa/Deutschland schwappte, und es in den ersten Berichten hieß, die Infizierten hätten meist länger als 15 Minuten mit Gegenübern aus Asien gesessen? Und wie es hieß, Masken hülfen bei einer Tröpfcheninfektion nicht, man solle sich stattdessen ordentlich die Hände waschen? Erinnert Ihr Euch? Wir uns schon. Und deshalb wissen wir nicht, wer warum den Begriff Management an die Krise gepappt hat.
Krisenstaub
Krise – eh so’n Wort, das nurmehr der so genannten Mitte zu dienen scheint, wenn irgendetwas aufgepustet werden muss. Die „Flüchtlingskrise“ 2015 hat keinen Arbeitsplatz gekostet und auch sonst keine Schwierigkeiten gebracht. Und zum Jahreswechsel 2019/2020 waren noch 30 tote Affen eine Katastrophe – wir erinnern uns.
Krise
Aber zurück zur aktuellen „Krise“, die man vielleicht sogar so nennen darf. Immerhin sind weltweit viele Menschen erkrankt und gestorben und – aus Sicht der Liberalos viel viel schlimmer – die wirtschaftlichen Schäden noch nicht absehbar. Dennoch wird der Begriff zu inflationär genutzt und wo wir am Ende mit Covid19 stehen werden, weiß niemand.
Ich weiß, dass ich nichts weiß
Das ist überhaupt das Grundproblem der Corona-Krise: Heruntergebrochen scheint überhaupt niemand irgendetwas zu wissen, aber alle legen los. War anfangs noch die Rede von den oben zitierten mindestens 15 Minuten quasi-Vollkontakt, ist der jüngste Clou nun der, dass sich das Virus durch Aerosole verbreitet, die noch stundenlang durch die Luft fliegen, wenn jene*r der/die sie in die Luft gehustet hat, schon gar nicht mehr da ist. JA WAS DENN NU?
Männätschment
Dabei darf das ja durchaus sein, dass ein bis dato nicht erforschter Erreger Fragen aufwirft und erste Einschätzungen korrigiert werden müssen. Schlimm ist jedoch, wenn aus jedem noch so dünnen Wissensstand Maßnahmen generiert werden. Und noch schlimmer, dass sie stets als das alternativlose Maß der Dinge verkauft werden, weil wir es drunter ja nicht mehr machen. Alles ist stets richtig, muss so sein, kann gar nicht anders sein und ist der einzige Weg – für ne Woche oder zwei. Unserer bescheidenen Meinung nach, hat das mit Management nichts zu tun. Stets läuft man einem vagen Wissensstand hinterher und trifft Entscheidungen eben nicht anhand dessen, was sein könnte, sondern anhand dessen, was JETZT ist. In unserer Alles-und-Jetzt-Welt ist das schlüssig, schließlich will jede*r (first world problems) stets alles jetzt haben können. In dieser Logik müssen dann auch Entscheidungen konkurrenzlos schnell und richtig sein. Schlau ist es nicht. Und „Augenmaß“ kann man derlei nur nennen, wenn es genügt, dass es ein Blinzeln lang stimmt.
Es stellt sich die Frage, ob die Berater*innen – gefangen in der kapitalistischen Logik von Konkurrenz und Effizienz – schlecht beraten, oder ob die Beratenen einfach nicht tun, was man ihnen rät. Wenn wir uns das Herumgeeiere unseres Gesundheitsministers in Erinnerung rufen, dann ist es wohl Tor 2. Und dann sind wir gezwungen am Verstand jener zu zweifeln, die aktuell in Umfragen als die großen Manager gelobt werden. Natürlich ist es schwierig, in einer Situation zu agieren, die es so noch nicht gab. Aber selbst dann haben die Manager insofern versagt, als dass die entsprechenden Szenarien einfach so vor sich hin veralten konnten. Gerade so, als sei die Gefahr eines Virus unvorhersehbar, während auf aller Welt an Kampfstoffen, Wirkstoffen, Bakterien und Viren herumexperimentiert wird. Wir werden uns sicher nicht der Meinung des Dumbass of the United States anschließen und einfach behaupten, das Virus sei jemandem aus dem Labor geschlüpft, aber es müssen doch Pläne für einen solchen Fall in den entsprechenden Schubladen liegen, die irgend etwas mit dem Heute zu tun haben!
Schlangenlinie
Solche Pläne gibt es offenbar nicht und also erlebten und erleben wir ein rein/raus/hin/her/runter/rauf. Und wir müssen uns nichts vormachen: Bei all dem geht es auch stets um wirtschaftliche Interessen, was den Mangel an Geradlinigkeit natürlich verstärkt. Es geht eben nicht, dass Personen in Verantwortung zuerst bagatellisieren, um kurze Zeit später Grundrechte abzuräumen. Und es geht eben auch nicht, dass man diese erst abräumt und später peu á peu und mit der Gießkanne wieder zugesteht. Es ist niemandem logisch zu erklären, warum Biergärten offen haben, Kitas aber geschlossen, während gleichzeitig Grundschüler*innen wieder antreten müssen. Es ist auch niemandem zu erklären, warum Baumärkte scheinbar systemrelevant sind, die Gastronomie aber nicht.
Big Players first
Genauso wenig lässt sich ertragen, dass Konzerne wie die Lufthansa und die der Automobilindustrie jetzt um Staatshilfe bitten und diese wohl auch erhalten, zu Konditionen, von denen Otto Normal nur träumen kann. Man muss offenbar über Jahrzehnte Milliardengewinne einheimsen, um in der Position zu sein, herumzujammern, wenn es mal eine Nummer kleiner einhergeht. Auch hier kommt man mit logischem Denken nicht weiter. Wer seine Milliarden nicht vernünftig anlegt, geht halt Pleite – passiert. Der Markt regelt das.
Blanker Hohn
Der traurige Gipfel im Ergebnis mangelnder Linie sind nun die Erntearbeiter*innen, die Ausgebeuteten in den Schlachthöfen, die in Unterkünften und Lagern zusammengepferchten Geflüchteten und zuletzt ein Gerichtsurteil, nach dem Hartz-IV-Empfänger*innen keine Zulage für Schutzmasken bekommen. Soll sehen, wie es klar kommt, das arbeitsscheue Pack. Wir sind von Solchem derart angewidert, dass die passenden Worte fehlen und/oder strafrechtlich relevant wären.
Die Quittung
Wohin der Mangel an Linie und die miserable Kommunikation miserabler Zahlen und verwirrender Maßnahmen letztlich führt, dürfen wir jetzt staunend betrachten: Rassistische Schwurbelspaten haben plötzlich wieder eine laute Meinung. Unfassbarer Unsinn wird in die Welt posaunt und fällt deshalb auf fruchtbaren Boden, weil nicht einmal mehr besonnene Gemüter das Hin und Her verstehen. Besorgte Gemüter finden dann schnell Schuldige und äußerst rechte Gemüter stricken wieder fleißig an ihrer destruktiven Agenda. Als man noch zu verstehen meinte, was „Pandemie“ bedeuten kann und warum gewissen Maßnahmen notwendig sind, hielt die Rechte die Fresse. Dass da nichts war ist logisch: Konstruktiv hat sie noch nie etwas beigetragen. Sie hat überhaupt keine Idee für ein vernünftiges Miteinander. Was sie kann ist Gegeneinander, rassistisch, unsolidarisch und sexistisch. Sie hat nur darauf gewartet, dem Mainstream in die offene rechte Flanke zu fallen und da ist sie nun. Wir sind entweder erstaunt, dass die Regierenden das Prinzip noch immer nicht verstanden haben, oder wir nehmen – ganz verschwörerisch – an, dass das rechte Gekrächze gewünscht ist, um den Diskurs nur immer weiter dorthin zu verschieben.
Apropos Diskurs
Das wirkliche Problem mit den Schwachköpfen ist, dass sie jeden wichtigen Diskurs unmöglich machen. Wenn wir heute schreiben, dass wir mit den Maßnahmen Schwierigkeiten haben, müssen wir dazuschreiben, dass wir nicht davon ausgehen, dass Kinderblut in Coca Cola ist. Absoluter Unsinn übernimmt die Deutungshoheit, weil „die Mitte“ es zulässt. Wobei „zulassen“ gar nicht der richtige Begriff ist. Immer und immer wieder müssen wir lesen, dass man die Sorgen der Bürger ernst nehmen müsse. Und Kretschmer ist tatsächlich so dumm, sich auf Gespräche mit Aluhüten einzulassen. Was zum Teufel ist mit Leuten zu besprechen, die an eine Weltverschwörung durch Reptiloiden glauben? Wenn derlei die „Sorgen der Bürger“ sind, brauchen wir keine geschlossenen psychiatrischen Abteilungen.
Gespräche mit lauten, rassistischen Dummköpfen sind gefährlich. Die mediale Aufmerksamkeit für die so genanten Hygiene-Demos ist gefährlich. Es verschafft ausgemachtem Unsinn Wichtigkeit. Eine klare Linie im Umgang mit dem Virus hätte die Entstehung dessen verhindert, jetzt sollte sie zumindest die Ausbreitung verhindern. Das Problem dabei: Eine Politik, die sich der kapitalistischen Logik von Wettbewerb und Konkurrenz unterwirft, um bloß keine Fehler zu machen, macht zwangsläufig Fehler, denn sie hat weder den richtigen Abstand noch die nötige Voraussicht, um tragfähige Lösungen zu finden.
2 Gedanken über “Nebenwirkungen”
Kommentarfunktion ist geschlossen.